Alles Müll oder was?
Er kommt jedes Jahr im November oder Dezember in die Haushalte oder wird im Internet bereitgestellt: der Abfallkalender. Den Redaktionen ist er meist nur eine kleine Nachricht in ihrem Lokalteil wert. Dabei hätte er viel mehr Aufmerksamkeit verdient.
Es muss nicht gleich so ein Glückstreffer sein, wie ihn einst das Mindener Tageblatt gelandet hat, als es im Abfallkalender von Porta Westfalica einen ganz besonderen Eintrag entdeckte. Ein genauer Blick in den Kalender lohnt sich auch aus einem ganz anderen Grund: Die Entsorgung ihrer Abfälle ist für die Leser ein ganz wichtiges Thema, und unsere Messungen im Rahmen des Projekts “Lesewert” zeigen, dass alle Meldungen, die sich damit befassen, gut gelesen werden. Warum sollten wir also dem Abfallkalender keinen längeren Artikel widmen?
Ideal wäre es natürlich, wenn sich Entsorgungstouren und -rhythmen verändern würden und wir das ausführlich beschreiben könnten. Auf keinen Fall sollten wir es aber so handhaben, wie ich es vor einigen Jahren in der Lokalausgabe einer Regionalzeitung entdeckte. In deren Verbreitungsgebiet hatte der Abfallentsorger seinen Tourenplan geändert. Das stand natürlich im Abfallkalender, und die Zeitung hatte – wie immer im Dezember – kurz gemeldet, dass es den neuen Kalender gibt.
Dann passierte, was passieren musste: In den ersten beiden Wochen des neuen Jahres legten die Leute ihre gelben Säcke an den falschen Tagen vor die Häuser und wunderten sich, dass der Müll mit dem Grünen Punkt nicht abgeholt wurde. Und was macht die Redaktion? Statt die Gelegenheit zu nutzen, das Versäumte nachzuholen und die neuen Touren ausführlich zu beschreiben, belehrt sie in einem Kommentar die eigenen Leser:
Geändert hat sich einiges in diesem Jahr am Tourenplan. Oft zum Guten übrigens. So werden die gelben Säcke jetzt zum Beispiel in …. alle 14 Tage abgeholt statt einmal im Monat. Steht alles im Abfallkalender, der jedem Haushalt zugestellt sein sollte. Man muss eben auch mal reingucken.“Man muss eben auch mal reingucken …” – Genau das hätte die Redaktion tun sollen.
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