Wenn´s bei Obi kracht
Wenn Immobilienmakler Büro- oder Geschäftsräume in Toplagen anbieten, dann meinen sie damit, dass sich diese Objekte in einer besonders begehrten und stark frequentierten Gegend befinden. Solche Toplagen gibt es auch im journalistischen Sinn. Wer sie lokalisieren und nutzen kann, hat bei seiner Themenplanung schon die halbe Miete rein – um mal bei der Sprache der Makler zu bleiben.
Messungen von Leserinteressen und Lesetiefe, die ich seit Oktober 2011 betreue, haben unter anderem gezeigt, dass Nachrichten und Geschichten von Orten, die häufiger als andere von den Menschen in einem bestimmten Gebiet besucht oder wenigstens passiert werden, besonders intensiv von den Zeitungslesern in diesem Gebiet wahrgenommen werden. Das betrifft sowohl Nachrichten, die unmittelbar auf den Ort beziehen, als auch solche, die mehr oder weniger zufällig dort handeln. Zur ersten Gruppe könnte zum Beispiel die Schließung eines Baumarktes gehören, zur zweiten ein Unfall mit Blechschaden auf dessen Parkplatz oder in unmittelbarer Nähe.
Nun werden viele Kolleginnen und Kollegen sagen: “Das wissen wir längst.” Aber wie sieht die Realität aus?
Wenn ein bekannter Heimwerkermarkt im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung schließt, dann schreiben wir das natürlich. Doch bei anderen Ereignissen werden wir oft diffus. Da schreiben wir vom Zusammenstoß auf dem Parkplatz eines Baumarktes, vom Rohrbruch auf dem A-Platz oder davon, dass die X-Straße zwischen Y-Platz und Z-Gasse wegen Bauarbeiten gesperrt ist.
Wie wäre es stattdessen mit Blechschaden bei Obi, Rohrbruch am Krankenhaus oder Straße vor Kaufland gesperrt?
Mit diesen erfundenen Beispielen möchte ich vor allem eines verdeutlichen: Wenn wir eine Toplage identifiziert haben, dann müssen wir sie auch beim Namen nennen, wann immer es geht, am besten schon in der Überschrift oder in der Unterzeile bzw. im Vorspann. Das erleichtert unseren Lesern nicht nur die Orientierung, sondern macht unsere Nachricht für sie auch viel interessanter oder überhaupt erst interessant.
Welche Orte Toplagen im journalistischen Sinn sind, muss jede Redaktion für ihr Verbreitungsgebiet freilich selbst wissen oder herausfinden. Aber das sollte ihr nicht schwerfallen.
Man nennt den Namen der Märkte nicht, weil man keine kostenlose Werbung für sie machen will! Das scheint ein altes Gesetz zu sein, mir jedenfalls sind solche Namen, wenn ich sie für sachdienlich hielt und erwähnt habe, auch wieder rausgestrichen worden und zu “einem Großmarkt in X” gemacht worden! Daher kommt das!
Das ist ein Argument aus der Vergangenheit. Wer heute so Zeitung macht, macht sie an seinen Lesern vorbei.
Ich finde auch, dass das “Zeitung von gestern ist”. Und “wenn´s bei OBI kracht” ist doch keinerlei Werbung. Es ist einfach nur eine Konkretisierung und Vereinfachung. Da kann ich mir wenigstens was vorstellen. Bei Baumarkt X….komme ich früher oder später auch drauf, welcher Markt gemeint ist. Und ich kann mich damit identifzieren und lese weiter, weil “da war ich schon mal”, das kenne ich, ….ist einfach nicht unnötig kompliziert gemacht. Jer einfacher komplexe Info geschrieben wird, umso eher lese ich sie – und wenn da noch Namen mit dranhängen oder konkrete Orte, dann fühl ich mich als Leser direkt angesprochen und es interessiert mich.